Unterwegs zwischen den Gipfeln eines versunkenen Gebirges?

07.06.-10.06.2017
Recht früh hieß es in Hanko Ablegen. Zuerst noch einmal volltanken und dann hinein in die Schärennavigation. Das Turkurer Schärenmeer ist vergleichbar mit den Schwedischen Westschären: Rundgenuckelte kahle Felsen, die 4-8 m aus dem Meer herausragen. Dazu 60 m Wassertiefe und eben keine 20 m neben dir luken die Gipfel des versunkenen Gebirges aus dem Wasser.

Bei O-SO 4 ist das Tagesziel Rosala schnell erreicht, bevor der Wind Nachmittags weiter auffrischt. Im nahen Dorf zeugt ein sehr authentisch gestaltetes Wikingermuseum von der frühen Besiedlung dieser Inseln.

Die Tradition der Sauna wird den Winkingern zugeschrieben. Saunieren und Grillen können wir im Gasthafen. 

Am kommenden Tagen wecken wir unterwegs per Anruf über Kanal 16 den Skipper der mit halben Wind entgegen kommenden „Carpe Diem“, einer Bavaria 32 mit Heimathafen Koblenz, und tauschen das „Woher und Wohin“ aus. Er will über St. Petersburg durch Russland in die Barentsse und dann über das Nordkap an der Norwegischen Küste wieder zurück.

Als Tagesziel haben wir Österskär ausgemacht. Da wir heute auch bei 2 Bf. segeln, erreichen wir die als Kleinod beschriebenen etwas abseits liegenden Inseln erst zum Abend. Unsere Hoffnung auf käuflichen Erwerb von Fisch oder einer wärmenden  Sauna wird enttäuscht. Wir finden die wunderschöne Insel einsam und verlassen vor. Feste Einwohner scheint es nicht mehr zu geben. Die Sommerhäuser (Möki) sind noch leer. Die beiden edlen Klubhäuser der Segelvereine von nahen Städten momentan verwaist. Die Holzofensaunen verschlossen.
Allein hier. Kein Strom, ein paar Wasserpumpen und Plumpsklos. Die Boots- und Fischerhäuser sehen wie dem Verfall preisgegeben aus.

 

Der Freitag beginnt mit Nebel. Wir legen vermeintlich aufklarend Richtung Åland-Archipel ab, sind dann im unbetonnten Fahrwasser auf den Kartenplotter und das Nebelhorn allein gestellt. Die Nebenbänke verdichten sich auf bis zu 2 Schiffslängen. Der AIS-EMPFÄNGER lässt die Schallsignale der weiter mit hoher Geschwindigkeit durch das Schärenmeer ziehenden Großfähren zuordnen. Beim Queren der tiefen Fahrwasser gebe ich zusätzlich Positionsmeldungen über Funk durch, erhalte aber keine weiteren.
Wir befinden uns zudem in einem Gebiet von ca. 5° magnetischer Missweisung. Schlummern auch hier die Eisenerzvorräte Europas?
Dazu klingt aus dem Bordlautsprecher später der Soundtrack „Fluch der Karibik“!

Gegen 13:30 reißt der Nebel auf und wir sehen ca. 3 sm entfernt einige schöne Zweimasttraditionssegler.

Bei schönstem Sonnenschein – kurzzeitig unter Spinnaker –
erreichen wir bei angenehmer Brise Sottunga, das bereits zu den Alands gehört.
Zeit die mittlerweile sechste Gastlandflagge zu hissen.

Die Hafenmeisterin versichert uns glaubhaft, dass die Saison erst am 11.06. beginnt, so bleiben der versprochene Kaufladen, das Gasthaus und eine Waschmaschine für uns außer Reichweite. Die im Hafenhandbuch avisierte Sauna könne man versuchen über die nahe Herberge telefonisch zu buchen.
Versuchen wir es Samstag mal in Mariehamn, der Inselhauptstadt der Alands.

Statt dessen nehmen wir die Fahrräder für eine Erkundung der Insel und erfahren, dass Pettersson tot ist.

Touristen im Schärenmeer

Als mich mein Multimediaofficer gestern verließ sackte die Temperatur auf 4° C ab. Heute erwartet Helsinki eine Hitzewelle. Die Temperatur soll sich nämlich verdoppeln. Momentan sind es noch 6 Grad.
Ich hole also Steffi vom Airport ab und wir nutzen den Tag, um Helsinki zu erkunden. Dazu gehörte ein Finnisches Abendessen in einer Baari ebenso wie eine gepfefferte Rechnung.


Uns zeigte sich Helsinki als die Stadt der 7 Kulturen: orthodoxe Kirche, orthodoxer Kinderchor, Evangelischer Dom und dazu Orgelmusik, ein Freiluftkonzert auf den Esplanaden,  die Oldtimer-Roadshow am Hafen und ein Open-Air-Rockkonzert. Dabei habe ich den Glasflaschenspieler unberücksichtigt gelassen. Eben richtig Kultur in der Hauptstadt!


Nach einer kalten Nacht folgte ein kalt sonniger Morgen. Bei NW4 konnten wir entspannt bis zur Purkala-Halbinsel segeln und wir haben sogar das Außenfahrwasser genommen. Dazu die aktuelle Navigation Warning der Schweden:

„Sea of Åland and Archipelago Sea
020747 UTC MAJ
BALTIC SEA NAV WARN 012/17

THE ICE HAS NOW WITHDRAWN FROM THE MAJOR PART OF THE BALTIC SEA AREA. BUOYS MAY HAVE BEEN DAMAGED OR MOVED BY THE ICE. IT WILL TAKE SEVERAL WEEKS BEFORE ALL BUOYAGE HAS BEEN CHECKED AND REPAIRED. CAUTION ADVISED.“

Davon unbeeindruckt legten wir bei dem traumhaften Saunahafen Stora Halsö per Heckboje an und ließen es uns bei nunmehr Weißen Nächten weiter zun gutgehen.


Der Pfingstsamstag führte uns durch den Barösund  (mondän zu Mittag gespeist und geladen), immer weiter durch die rundgenuckelten Aussenschären zur Insel Jessarö. Hier befand sich im Mittelalter der  Lotsenhafen für Ekenäs, ehe eine Ausflugsnutzung erfolgte, eine Kohlenmine mit Stollen weit unter dem Meer betrieben wurde und eine militärische Nutzung bis in den Kalten Krieg erfolgte.
Der in Ventspils erworbene und eilig in beide Brenner des Kochers  aufgefüllte Brennstoff Ist nicht das, für was wir ihn gehalten haben. Muss was hochkettiges sein: Brennt, heizt aber rußt und stinkt barbarisch.
Ansonsten gab die in der Vorsaison schlummernde Insel nicht viel her. Der Strom war abgestellt, Sauna und Cafe geschlossen. Kein Hafenmeister in Sicht.
Wie vorherhergesagt begann der Pfingstmontag zugezogen und dichter Nieselregen setzte ein. Das Wasser tropfte nur so von der nordischen Palmen, pitschnaß glänzende Felsen leiten es begierig in Moose und Schwämme.
Die Wolken liegen so tief, dass sie an den Baumwipfeln der skandinavischen Palmen auf den größeren Schäreninseln anstoßen. Nach 4h unter Motor hat der Autopilot gute Arbeit gemacht und wir legen fast schon im Nieselnebel in Hanko an.


Leider ist die landseitige Marina in Renovierung und so stehen Waschmaschine und Sauna nicht und WiFi erst später zu Verfügung.
Am 06.06. heisst es früh Abschied nehmen. Steffis Flieger geht mittags von Helsinki nach Berlin.
Bis Markus mit der Fähre eintrifft habe ich vor, ein paar Servicearbeiten, Ölwechsel, Bunkern von Wasser und Diesel, und Pflege der Internetseite zu erledigen.

Markus hat zur Anreise die Fähre von Travemünde gewählt (30h). Er berichtete schon von seinen Erlebnissen: „Habe übrigens einen finnischen Mitbewohner der deutsch spricht (u. einen russischen, der gar nicht spricht – dafür umso mehr säuft☹).“