Gipfelstürmerei (an den Nebeneingängen zur Mittelerde)

26.06.-30.06.2017

Die Sichtung des Schreins der Fahrtensegler wird gleich nach dem Anlegen in Haparanda-Hamn  vorgenommen, die Huldigung in Form des Aufhängens der Poeler Flagge im Fahrtenseglertempel erst nach einem Mahl aus Königsberger Klopsen und finnischen Kartoffeln. Naturlich ist es beeindruckend, es bis hierhin geschafft zu haben und nun dazu zu gehören. Nach der MOMO und der im Hafen liegenden ALBATROS das dritte deutsche Boot in dieser Saison.

Abends tauschen wir mit der ALBATROS, einem mit 8 Mann gefahrenem Vereinsschiff aus Glücksstadt, noch Seemannsgarn aus.

Bei leichtem Niesel, Temperaturen um 9° und raumen Wind 3-4 Bf. legen wir mit dem Ziel Rentsskär/Getskär ab. Zum Teil fahren wir nach Kartenplotter und weichen von den empfohlenen Fahrwassern deutlich ab, um den Wind optimal in den Segeln zu behalten.
Auf der Doppelinsel, der Nordteil heißt Gentskär, der Süden Rentskär, werden uns im Naturesservat eine Anlegebrücke, eine Holzofensauna, Feuerstelle und Trockenklo geboten. Zunächst Sägen und Hacken wir Holz und Heizen die Sauna an, die energetisch nicht allen EU-Richtlinien entspricht.

Anschließend unternehmen wir eine Naturstegwanderung, die zu einem eigenen Abenteuer wird. Wir vermuten zwischen den Inselhälften einen weiteren Nebeneingang zur Mittelerde.

Auf dem spärlich markierten Pfad, zwischen wucherndem Blaubeergestrüpp und Geröll verlieren wir die Orientierung aber nicht den Mut. Wir wissen, wir sind zum Glück auf einer Insel. Auf deren Südspitze liegt ein auf 5-8  m gehobenenes Fischerdorf aus dem frühen Mitelalter, einer kleinen Steinsetzung in Form einer Kompassrose, einem Labyrinth und den nicht mehr zu identifizierenden Grundmauern einer Kapelle.

Von da führt ein gangbarer Pfad zurück zum Anleger und wir stärken uns – allein auf dem Eiland – bei Thüringer Bratwurst, Kartoffeln und Sauna.

Bemerkenswert war, dass wir am Nordufer der 2×3 km großen Insel mehr angeschwemmten Plastik- und Metallmüll fanden, als wir zu zweit hätten tragen können.

Anderntags haben wir Sonnenschein und eine leichte Brise aus S. Wir nähern uns unter dem großen roten Spinnaker dem definitiv nördlichsten Punkt der Ostsee: Törehamn.

*
Aus dem Borderlautsprecher schallt „Die Fahrt der Black-Pearl“…. und ich komme nicht umhin, auf die gelbe nördlichste Tonne der Ostsee überzusteigen. Wieder ein Meilenstein, obgleich wahrlich Gipfelstürmerei.

Abends essen wir auf dem Campingplatz Reendeergeschnetzeltes in Sahnesoße mit Preiselbeeren und gepressten Kartoffeln.
Heute nun spiegelglatte See. Und wir motoren nach Lulea, um zu tanken, eine nächste Seekarte „Bottenhavet Norra“ und Bargeld zu kaufen.
Ein Leben im Drei-Tages-Takt. Länger reicht das Wetter nämlich nicht.

Seewolf der Bottenvik

23.06.-26.06.2017
Ich bin immer noch auf der schönen Insel Tankar,  der Wind drehte heute morgen auf Nord und frischte auf. Das nenne ich eingeweht. Da blieb ich in der Koje liegen bis 10:00.


Später erreicht mich die Nachricht von den Wohnmobilfahrern, dass sie morgen Abend  zu Mitsommer sich mit mir in Kokkola treffen wollen. Ich bekomme dann mit Andreas wieder einen Mitsegler an Bord, der mich bis Stockhom begleiten wird während  Sylvia und Heidrun über Vaasa – Umea in den Süden fahren. Wenig später dann eine offizielle Windwarnung 12 m/s. So bleibe ich, mache meinem 4. Inselrundgang, gönne mir im einsamen Sommerrestaurant der Insel eine SALMON-SUP und  schwitze in der Holzofensauna. Abends werden dann die Probleme der Welt mit den nach und nach eintreffenden Mitsommergästen am Lagerfeuer gelöst und ich bekomme ein paar warme Wollsocken geschenkt.

Ein Zitat von Markus:
„Dein letzter Blog erinnert mich etwas an Jack London’s „Wolfsblut“: irgendwo in der Wildnis alleine gegen Kälte, Wind und Wölfe… Durchhalten👍“
Naja an Tieren hatte ich bisher nur einen Seehund, ein Reh, einen Hasen, eine Zecke, 7 Mücken, mehrere hundert Seevögel gesehen… aber die Stimmung trifft es vielleicht.
Markus: „Wie wäre es denn mal mit einem Seewolf???“

Am nächsten Tag in Kokolla will ich noch ein wenig shoppen und erlebe ein wahren Totentanz. Die Stadt ist wie ausgestorben. Überall Zettel GESCHLOSSEN, selbst der KONSUM-Supermarkt schmeißt mich 15:00 raus.
Mitsommer wird in den Familien gefeiert nur ein paar Teenis verwickeln mich in ulkige Jugendbrăuche.

Nach dem Grillen in Familie ziehen wir unter Motor mit der Havet durch das brackige Wasser der Bottenvik. 2 Bf. gegenan und eine Windwarnung von 12m/s aus Ost lassen uns bei 9° C dicht an der wunderschönen aber nach Osten ungeschützten Insel Maakala vorbeiziehen. Nach 66sm erreichen wir Raahe, wo wir den Komodore des Yachtklubs wegen der Serviceschlüssel für Dusche und Sauna rausklingeln.
Am Sonntag folgt ein Segeltag vom Feinsten: SO4 dann 5-6 lassen uns 61 sm bis Kemi durchfahren. Erst kurz davor schütteln wir das Reff raus und nehmen unmittelbar vor dem Hafen die Segel runter.

Kemi sieht aus, als wäre gerade Schnee geschoben. Auf Tulpen wurde verzichtet, aber die Apfelblüte auf dem Fiedhof war im Gange.

Für jeden Belang gibt es im quadratischen Kemi ein Fachgeschäft, mit einem interssiert aus dem Fenster starrenden Verkäufer. Die Menschen verharren in Langsamkeit im Stadtzentrum in der Nähe des größten Supermarkts
Wir genießen nach einem Liften über einen nostalgischen Aufzug auf dem Hochhaus der Stadtverwaltung das Lapplandpanorama.


 
Dann erklären wir die Stadtbesichtigung  der Partnerstadt Wismars für beendet und legen nach einem Plausch mit dem Hafenmeister ab. Übrigens waren wir das zweite deutsche Boot in diesem Jahr, vor uns nur die MOMO aus Kiel vor ca. 2-3 Tagen da. In Haapsaalu war sie mir noch 15 Tage voraus.
Wir sind zur Naturreservatinsel Selkä-Sarvi, dem letzten finnischen Grenzposten vor Schweden, überwiegend motort.
Das Gute: wir waren genau an der Wettergrenze. Wir hatten Sonne und 5sm weiter nördlich das Ufer hatte triefende Regenwolken.
Die Insel ist ein Kleinod. Wieder eine Steigerung zu dem Helsinkier Schärengarten und auch zu Ouraluoto,  Kummelskär und Tankar.


Haben mit einigen Finnen zusammengesessen, gegrillt und Alkohol zu unsgenommen. Sie haben uns viele Tipps zu den schönsten Ankerplätzen Schwedens gegeben. Für die haben wir bis Stockholm nun an die 4 Wochen Zeit.
Morgen werden wir den Tempel der Rund-Ostsee-Segler erreichen und unsere Insignien auf dem Altar der Wimpel und Flaggen darbieten: den Hafen mit dem klingenden Namen Haparanda-Hamn.

Der alltklug daherredende Guido von der Havet

Eingeweht auf Masskär und Tankar

16.06.-22.06.2017
Heute Morgen ist Markus von Bord, um über Tampere-Bremen mit Ryanair nach Hause zu fliegen. Zum avisierten Ablegen um 4:00 konnte ich mich aber nicht entschließen.

Auf See sieht man immer mal einen Angler, Segler hingegen nicht. So komme ich mir mit dem Segelboot wie ein Fremdkörper vor. Der Wind weht leicht aus S, so dass ich es mit dem Spinnaker versuchen kann. Sobald ich dauerhaft unter 3 kn bin, muss der Jockel ran.

Die finnische Westküste ist geprägt von Industrieanlagen, Kern- und Kohlekraftwerken, Schwimmkranen, die riesige Windkraftanlagen errichten. Ich wähle das Außenfahrwasser, will Abstand gewinnen und in die unendlichen Weiten des Nordens vorankommen. Seit Tallin war mehr oder weniger Müßiggang angesagt. So habe ich nach 49 sm auf der wunderschönen Insel Ouralouto, einem ehemaligen Grenzposten, festgemacht. Eine Schulklasse hatte hier heute Projekttag, mir die Sauna offen gelassen und mich obendrein mit selbstgekochter SALMON-SUP versorgt. Morgen habe ich vor, zu einer ähnlich schönen Insel Gåshällan zu fahren (50sm). Ich muss mit Energie und Wasser haushalten. Allerdings warnen mich die vorlauten Teenis schon: spätestens nächstes Wochenende zur Sommersonnenwende wird es voll und außerdem beginnen die Ferien.

Rechtzeitig lege ich Samstag ab und kann bei achterlichem Wind 2/3 der Strecke unter dem leuchtend roten Spinnaker zurücklegen. Leider entpuppt sich der 20:45 erreichte Naturhafen als Enttäuschung. Der Steg ist nicht mehr ausgelegt und es steht Schwell. So motore ich weiter, bis ich 23:00 einem empfohlenen Ankerplatz erreiche. Es dauert bis ich „runterkomme“  und einschlafen kann. Hier wird es gar nicht mehr dunkel. So lasse ich am Sonntagmorgen den kräftigen Regen durchziehen, nehme erst gegen 10:00 Anker auf und kann gemächlich nach Norden segeln. Ich kann mal wieder einen Hafen gebrauchen: Akku aufladen,  tanken, duschen ..

Kein AIS Signal. Wozu die Einhandflagge?
Ich fahre mit der Windfahnensteuerung, die mich aus dem Kurs bringt weil der Wind zurück auf Süd dreht und ich ein Nickerchen gemacht habe.  Ich träume mittlerweile Sache, die 20 oder 30 Jahre zurückliegen.

Als der Wind mittags auffrischt, schieße ich mit 6 kn durch das Schärenfahrwasser der Vaasa-Schären. Das Großsegel habe ich mittlerweile runtergenommen. Nach 42 sm in Vaasa angekommen, bin ich übrigens das 6. deutsche Boot hier in diesem Jahr. Anfang Mai war hier noch Eis.

Ich erledige das Bunkern und Wäschwaschen und kaufe mir noch Schwedische Seekarten für den Rückweg. Abends gehe ich mal wieder einen Burger essen. Ich schaue aus dem Restaurantfenster und sehe, dass die Narzissen am Verblühen sind. Sag mir wo die Tulpen sind, wo sind sie geblieben?

Am Montag bin ich erst mittags abgelegt zur Insel Kummelskär.  Die Sonne geht erst  23:50 unter. Dunkel wird es gar nicht. Die Insel gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe der Kvarks. Einzeigartig sind die Landhebungen dargestellt. Die Reste eines Fischerdorfs aus dem 15. Jh liegen jetzt mitten im Wald auf einem Hügel.

Von Kummelskär geht es sehr früh weiter nach Masskär. Die nächsten Tage werden unbeständig und der polare Wind kommt aus Norden. Da will ich hin. Südlich von mir zieht ein größeres Regengebiet durch und auf den Alands soll es winden. Hier ist es bedeckt bei 11 Grad. Auf Masskär soll es Strom und Sauna geben.
Und Menschen.

Masskär st der Vorort von Pietesaari und hat neben der zum Hostel umgebauten Lotsenstation 57 Möckis. Ich habe die Insel erkundet, eine Zecke und ein paar wenige Mücken gesammelt. Für mich wurde abends extra die Sauna angemacht.
Am Mittwoch habe ich mittags – als der Starkwind vorbei war – abgelegt und bin nun auf der Lotseninsel Tankar. Mitsommer ist kalendarisch heute,  wir leider erst am Freitag gefeiert, aber schon mal die Holzofensauna angeheizt.
Toll hier. Es gibt immer noch eine Steigerung der schönsten Finnischen Insel. Morgen nehme ich mir sobald der kalte Windnachläßt  Ohtakari auf dem Festland vor.
Die Finnen an sich werden mir immer sympathischer…

Ganz in der Nähe der Insel Tankar soll der Eingang zu Tolkiens Mittelerde sein:

Leben in den Tag hinein

10.06.-16.06.2017

Der Aland-Archipel hält uns gefangen. Auf den Weg nach Mariehamn, der Inselhauptstadt der Alands, wählen wir den Weg über den Lumparn, einem 4sm x 4sm großen Binnensee und müssen die Öffnungszeit der Lemströmkanal-Drehbrücke abwarten.
So liegt es nahe im Osthafen festzumachen. Mit pauschal 28 € hält er die Spitze der Hafengebühren  der Reise. Dafür ist alles bis auf die Waschmaschine inklusive. 


In Mariehamn wird das Städtchen besichtigt, der Flying-P-Liner „Pommern“ gesucht  (sie liegt zu Renovierung des Decks etwas zurückgezogen im Fjord), für die Grillsaison gebunkert und natürlich Pizza gegessen.


Das Schifffahrtsmuseum haben wir uns für den Sonntagmorgen aufgehoben, bevor wir gegen 13:00 in Richtung Bomarsund via Lumparn ablegen,  um uns mit Heidrun,  Silvia und Andreas zu treffen. Die drei sind im Wohnmobil in Richtung Finnland unterwegs und haben eine Menge „Versorgung“ für uns parat.

Am Grill gesellen sich noch Ulla und Rudi aus Kiel (beide mit selbst gebauten Aleuten-Paddelbooten – ähnlich Grönländer-Kajaks – nach topografischen Karten unterwegs, Rudi ist bereits 85) zu uns und so wird es ein feucht fröhlicher Abend am Grill und Lagerfeuer.

Bomarsund hat übrigens eine interessante Festungshruine aus der Zeit des Krimkrieges zu bieten. Entsprechend russisch waren die umherschwadronierenden Busladungen.

Tags darauf motoren wir noch weiter durch den Åland – Archipel, da wir fast gar keinen Wind hatten. Zwischendurch – wir waren unter Segeln – gesellte sich eine Robbe kurzzeitig neugierig zu uns.

Abends machten tiefenentspannt von der schönen Natur und dem sonnigen Wetter auf Jurmo fest, wo wir mit Richard und Janett aus  Südwestengland ein Bier trinken.
Am Folgetag  soll dasWetter anders werden. Zunächst Dauerregen. Dann Wind zunehmend 5 bis 6 und dazu was an Böen obendrauf. Natürlich von vorn und mit Regen im Gesicht.  Immerhin 12 Grad. Also entscheiden wir uns für eine Wanderung vorbei an Koppeln weidender Highland-Boskap-Rinder zum Aussichtsturm mit anschließenden Naturkundepfad.

Am 14.06. sind wir aus dem Turku-Schärengarten mit 13 Schlägen herausgekreuzt bei 4 Bf und waren dann in einem tollen kleinen Städtchen mit dem lustigen Namen Uusikaupunki.

Zum Übernachten doch lieber auf eine kleine Klubinsel mit einer von Markus ersehnten  Holzofensauna,  auf der man uns freundlicherweise geduldet hat.

 

Gestern morgen bei recht wenig,  aber kalten Wind und Sonne nach Rauma. Luftlinie ist es nicht weit. Nur 20 sm, aber wir müssen um eine Halbinsel rum. Markus hat Rücken und testet seit gestern die Pinofit-Salbe. Er ging heute in der Früh 4:00 von Bord,  um die Ryanair-Flieger von Tampere nach Bremen zu bekommen.

Die Segelsaison ist hier eröffnet. Es gibt in den Häfen keinen Vorsaison-Kältebonus mehr. Gestern in Rauma haben wir stolze 32 Euro bezahlt. Dafür bot man uns die typisch finnische Mondänität einer industriereichen Kleinstadt im erwachenden Frühsommer. Kontrastreich wirkt dazu die hölzerne UNESCO-Weltkulturerbe-Altstadt.

Nun geht es für 10 Tage allein weiter zum nördlichsten Punkt der Ostsee. Die sympathischen Bekannten der Tage in Leba und Wladislawowo habe ich nicht wieder getroffen. Andere gehen über die Alands nach Stockholm. Die Ratzfatz auch.
Ein paar Schweden aus Kungsbacka sind mir ca 3 Tage voraus. Ebenso die Mrs.Jones eine große Hallberg Rassy, die ich in Mariehamn getroffen habe.
Von der Aries habe ich seit Klaipeda nichts mehr gehört.

Unterwegs zwischen den Gipfeln eines versunkenen Gebirges?

07.06.-10.06.2017
Recht früh hieß es in Hanko Ablegen. Zuerst noch einmal volltanken und dann hinein in die Schärennavigation. Das Turkurer Schärenmeer ist vergleichbar mit den Schwedischen Westschären: Rundgenuckelte kahle Felsen, die 4-8 m aus dem Meer herausragen. Dazu 60 m Wassertiefe und eben keine 20 m neben dir luken die Gipfel des versunkenen Gebirges aus dem Wasser.

Bei O-SO 4 ist das Tagesziel Rosala schnell erreicht, bevor der Wind Nachmittags weiter auffrischt. Im nahen Dorf zeugt ein sehr authentisch gestaltetes Wikingermuseum von der frühen Besiedlung dieser Inseln.

Die Tradition der Sauna wird den Winkingern zugeschrieben. Saunieren und Grillen können wir im Gasthafen. 

Am kommenden Tagen wecken wir unterwegs per Anruf über Kanal 16 den Skipper der mit halben Wind entgegen kommenden „Carpe Diem“, einer Bavaria 32 mit Heimathafen Koblenz, und tauschen das „Woher und Wohin“ aus. Er will über St. Petersburg durch Russland in die Barentsse und dann über das Nordkap an der Norwegischen Küste wieder zurück.

Als Tagesziel haben wir Österskär ausgemacht. Da wir heute auch bei 2 Bf. segeln, erreichen wir die als Kleinod beschriebenen etwas abseits liegenden Inseln erst zum Abend. Unsere Hoffnung auf käuflichen Erwerb von Fisch oder einer wärmenden  Sauna wird enttäuscht. Wir finden die wunderschöne Insel einsam und verlassen vor. Feste Einwohner scheint es nicht mehr zu geben. Die Sommerhäuser (Möki) sind noch leer. Die beiden edlen Klubhäuser der Segelvereine von nahen Städten momentan verwaist. Die Holzofensaunen verschlossen.
Allein hier. Kein Strom, ein paar Wasserpumpen und Plumpsklos. Die Boots- und Fischerhäuser sehen wie dem Verfall preisgegeben aus.

 

Der Freitag beginnt mit Nebel. Wir legen vermeintlich aufklarend Richtung Åland-Archipel ab, sind dann im unbetonnten Fahrwasser auf den Kartenplotter und das Nebelhorn allein gestellt. Die Nebenbänke verdichten sich auf bis zu 2 Schiffslängen. Der AIS-EMPFÄNGER lässt die Schallsignale der weiter mit hoher Geschwindigkeit durch das Schärenmeer ziehenden Großfähren zuordnen. Beim Queren der tiefen Fahrwasser gebe ich zusätzlich Positionsmeldungen über Funk durch, erhalte aber keine weiteren.
Wir befinden uns zudem in einem Gebiet von ca. 5° magnetischer Missweisung. Schlummern auch hier die Eisenerzvorräte Europas?
Dazu klingt aus dem Bordlautsprecher später der Soundtrack „Fluch der Karibik“!

Gegen 13:30 reißt der Nebel auf und wir sehen ca. 3 sm entfernt einige schöne Zweimasttraditionssegler.

Bei schönstem Sonnenschein – kurzzeitig unter Spinnaker –
erreichen wir bei angenehmer Brise Sottunga, das bereits zu den Alands gehört.
Zeit die mittlerweile sechste Gastlandflagge zu hissen.

Die Hafenmeisterin versichert uns glaubhaft, dass die Saison erst am 11.06. beginnt, so bleiben der versprochene Kaufladen, das Gasthaus und eine Waschmaschine für uns außer Reichweite. Die im Hafenhandbuch avisierte Sauna könne man versuchen über die nahe Herberge telefonisch zu buchen.
Versuchen wir es Samstag mal in Mariehamn, der Inselhauptstadt der Alands.

Statt dessen nehmen wir die Fahrräder für eine Erkundung der Insel und erfahren, dass Pettersson tot ist.

Hafentag oder Törnende?

Die Zeit bis Markus eintrifft will ich zum Klarschiffmachen nutzen, die Polster lüften, Bunkern von Lebensmitteln,, Diesel, Geld. Und natürlich ein Ölwechsel, habe ich doch bereits seit dem letzten Service im September ca. 120 Betriebstunden  auf der Uhr.
Also Öl gekauft, Motor warmlaufen lassen, Abdeckung demontieren.
Was ich dann sah, konnte ich kaum glauben!

Drei von vier 12mm- Bolzen der Silentbuchsenlagerung waren gebrochen. Der Motor lagerte auf den Bolzenresten und war mit dem verbliebenen und der Wellenlagerung fixiert. Die Bilge war trocken, ungewöhnliche Geräusche hatte ich auch nicht vernommen.
Ich erinnerte mich an Apollo 13: HOUSTON WIR HABEN EIN PROBLEM „.
Festgestellt so nebenbei, weil ich Olwechsel, Impellercheck und Wasserfiltercheck machen wollte….

Nach einer Telefonat mit meiner Service-Werkstatt in Wismar ,  dem Email-Austausch von Bildern, einem Blick in die Nanni-Unterlagen war klar, dass ich mir selber helfen musste.  Der nächste Nanni-Partner ist mehr als 50 sm weit weg.
Also erst mal einen Silentbuchsenlagerung demontieren und schauen, ob sich der Bolzen entfernen läßt. Mein Mini-Bordschraubstock war dazu ungeeignet, aber die nahen Tischler, die das neue Hafenmeistergebäude renovierten halfen mir. Vom Hafenmeister selber bekam ich einen Tipp für ein Bootsfachgeschäft ca. 2-3km entfernt. Also auf den Tretroller geschwungen und hin.
Im Bootsshop hatte man nur eine Gwindestange und auf meine ungläubige Frage, obliegt Festigkeit dem ausreichend sei, meinte der ältere Kunde neben mir, dass sei „Stainless Steel“ und noch fester. Er bot sich auch an mit zu ihm zu fahren, um das Zuschneiden zu erledigen. Da zeigte sich, dass er (Charles) ein ehemaliger Unternehmer und immer noch Hobbybootsbauer ist und eine top Werkstatt hat.


Er fuhr mich dann zurück zum Bootsshop, wo ich bezahlte und mir noch eine passende Ratsche besorgte und anschließend zum Hafen. Er wollte ein Blick auf das Boot werfen und gab mir noch seine Telefonnummer, falls ich Probleme hätte.
So begann ich eine Silentbuchse nach der anderen auszubauen, bei den Tischler zu den Bolzenresten zu entfernen und jeweils einen neuen Bolzen einzusetzen. Den Motor musste ich dazu wie am Flaschenzug liften.

Nach Hinweisen aus Wismar richtete ich den Motor zur Welle aus, kam dann aber auf den Gedanken, ob mir Charles mit seiner Erfahrung helfen könnte. Er sagte für 1h späteren und so erledigte ich zwischenzeitlich den Öl- und Impellerwechsel und reinigte den Seewasserfilter. Mit Charles Hilfe konnten wir dann die Ausrichtung verbessern.
Zwischenzeitlich kam Markus an. Und Ralf von der Ratzfatz schaute auch noch vorbei (wir hatten uns in Barhöft kennengelernt), so dass wir kräftig Seegarn abspulen konnten.

Ratzfatz- Ralf

Morgen wollen wir auslaufen.
Glück gehabt!

Touristen im Schärenmeer

Als mich mein Multimediaofficer gestern verließ sackte die Temperatur auf 4° C ab. Heute erwartet Helsinki eine Hitzewelle. Die Temperatur soll sich nämlich verdoppeln. Momentan sind es noch 6 Grad.
Ich hole also Steffi vom Airport ab und wir nutzen den Tag, um Helsinki zu erkunden. Dazu gehörte ein Finnisches Abendessen in einer Baari ebenso wie eine gepfefferte Rechnung.


Uns zeigte sich Helsinki als die Stadt der 7 Kulturen: orthodoxe Kirche, orthodoxer Kinderchor, Evangelischer Dom und dazu Orgelmusik, ein Freiluftkonzert auf den Esplanaden,  die Oldtimer-Roadshow am Hafen und ein Open-Air-Rockkonzert. Dabei habe ich den Glasflaschenspieler unberücksichtigt gelassen. Eben richtig Kultur in der Hauptstadt!


Nach einer kalten Nacht folgte ein kalt sonniger Morgen. Bei NW4 konnten wir entspannt bis zur Purkala-Halbinsel segeln und wir haben sogar das Außenfahrwasser genommen. Dazu die aktuelle Navigation Warning der Schweden:

„Sea of Åland and Archipelago Sea
020747 UTC MAJ
BALTIC SEA NAV WARN 012/17

THE ICE HAS NOW WITHDRAWN FROM THE MAJOR PART OF THE BALTIC SEA AREA. BUOYS MAY HAVE BEEN DAMAGED OR MOVED BY THE ICE. IT WILL TAKE SEVERAL WEEKS BEFORE ALL BUOYAGE HAS BEEN CHECKED AND REPAIRED. CAUTION ADVISED.“

Davon unbeeindruckt legten wir bei dem traumhaften Saunahafen Stora Halsö per Heckboje an und ließen es uns bei nunmehr Weißen Nächten weiter zun gutgehen.


Der Pfingstsamstag führte uns durch den Barösund  (mondän zu Mittag gespeist und geladen), immer weiter durch die rundgenuckelten Aussenschären zur Insel Jessarö. Hier befand sich im Mittelalter der  Lotsenhafen für Ekenäs, ehe eine Ausflugsnutzung erfolgte, eine Kohlenmine mit Stollen weit unter dem Meer betrieben wurde und eine militärische Nutzung bis in den Kalten Krieg erfolgte.
Der in Ventspils erworbene und eilig in beide Brenner des Kochers  aufgefüllte Brennstoff Ist nicht das, für was wir ihn gehalten haben. Muss was hochkettiges sein: Brennt, heizt aber rußt und stinkt barbarisch.
Ansonsten gab die in der Vorsaison schlummernde Insel nicht viel her. Der Strom war abgestellt, Sauna und Cafe geschlossen. Kein Hafenmeister in Sicht.
Wie vorherhergesagt begann der Pfingstmontag zugezogen und dichter Nieselregen setzte ein. Das Wasser tropfte nur so von der nordischen Palmen, pitschnaß glänzende Felsen leiten es begierig in Moose und Schwämme.
Die Wolken liegen so tief, dass sie an den Baumwipfeln der skandinavischen Palmen auf den größeren Schäreninseln anstoßen. Nach 4h unter Motor hat der Autopilot gute Arbeit gemacht und wir legen fast schon im Nieselnebel in Hanko an.


Leider ist die landseitige Marina in Renovierung und so stehen Waschmaschine und Sauna nicht und WiFi erst später zu Verfügung.
Am 06.06. heisst es früh Abschied nehmen. Steffis Flieger geht mittags von Helsinki nach Berlin.
Bis Markus mit der Fähre eintrifft habe ich vor, ein paar Servicearbeiten, Ölwechsel, Bunkern von Wasser und Diesel, und Pflege der Internetseite zu erledigen.

Markus hat zur Anreise die Fähre von Travemünde gewählt (30h). Er berichtete schon von seinen Erlebnissen: „Habe übrigens einen finnischen Mitbewohner der deutsch spricht (u. einen russischen, der gar nicht spricht – dafür umso mehr säuft☹).“

Rum-Saunen oder im Blindflug durch die Schären

29.05.-01.06.2017
Rumsaunen oder im Blindflug durch die Schären?


Der vorzeitige Aufbruch nach Finnland war sicherlich auch dem Wunsch nach viel Natur geschuldet. Die Überfahrt verlief bei zunächst SO 3 dann langsam abnehemd sehr angenehm. Andere müssen noch segeln. Wir wurden gesegelt.  Dank Windpilot von Peter Förthmann. Der machte heute eine richtig gute Arbeit. Dann kam der Unterwasserbesan zum Einsatz und wir entschieden uns statt Helsinki das näher liegende Purkala anzusteuern.  Umschalten auf Schärennavigation. Informationen aus Deckspeilung, Seekarte, Kartenplotter und Tiefenmesser zusammenführen und eine sichere  Einfahrt in das Schärenmeer finden. Wir sind schneller als der Frühling – haben ihn eingeholt. Man feierte letzte Woche das Birken-Knospen-Aufbrech-Fest und das Blaubeerkraut tanzte dazu im  leuchtet hellgrünen Kleid um die ersten Blätter der Erle buhlend. Ab 15°C haben die Finnischen Schüler glaube ich hitzefrei.
Tom hat sich den Finnischen Meerbusen wahrscheinlich anders vorgestellt: Weniger Kälte dafür mehr Busen.

Am Sonntag, den 29.95.  hatten wir nach dem Aufstehen sage und schreibe 17 Grad gehabt.
Auf einen Tipp eines Finnen (alle sehr, sehr freundlich), sind wir in eine Bucht eines Helsinki-Segelvereins eingelaufen. In der Karte war sie mit 1m Tiefgang verzeichnet.  Hatte aber 2,4 m. Zwar hatten wir Hafengebühr zu entrichten, aber eine Holzofensauna war buchbar. Das war mit Finnischer Rituale die bessere Alternative zu einer 3€-Dusche. Zumal wir das erste Mal im Wasser der  bereits 13° warmen Ostsee waren.
Auch hier Birken im Birkengrün und Wochenendhäuschen im Ochsenblutrot. Die Schwedische Minderheit lässt grüßen.

Beim Bunkern in Inkoo ergattern wir eine Schärenkarte des Finnischen Paddelklubs, in der viele Naturhäfen mit und ohne Sauna eingetzeichnet sind und so erkunden das Schårenmeer zwischen Helsinki und Hanko. Nach den Kriterien Plumpsklo, Sauna, Feuerstelle,..

Ich mag nicht jede Lokalität  beschreiben, doch sogar finnische Gästebootbesatzungen wunderten sich, wie wir hiesigen Naturhäfen gefunden hätten. An den plexiglasgeschützten Feuerstellen entlockten wir den Finnischen Seglern bei 54%ige Rum manch Seegarn, das sogar bis in die Karibik reicht.
Am letzten Tag des Wonnemonat ging es  im Nebel durch das Schärenmeer. Im vom Plotterecho signalisierter geschützter See setzten wir Segel und sahen uns bei plötzlich aufreißender Suppe  mit einem Inselwirrwar konfrontiert. Wir fanden trotz 9° Kalte und Nieselregen die Orientierung wieder. Ich weiß, Deutschland hatte auch einen Kälteeinbruch  – auf 24°C. Gestern waren es am späten Nachmittag 4°. Heute erwartet Helsinki eine Hitzewelle. Die Temperatur soll sich verdoppeln. Momentan 6°.


Helsinki hatte viel Stadt für uns parat,  auch sehr gute Marineshops mit Hafenführern und Seekarten und ist ideal für mehrere Crewwechsel. Mein letzter Media-Officer hat gestern abgeheutert und trägt sich mit dem Gedanken, mir eine Website zu machen…

Stadttourismus oder lieber eine leichte Brise?

27.05.2017
…eine Anomalie war das letzte , was von mir zu hören war. Dann besserte sich das Wetter und am Wind ließen sich 2 Bf. sogar besegeln. Aber leider hieß es nach Dirhami abfallen und so durfte derJockel wieder ran.
Weinig später passierte ich die Pakri-Inseln und das Kap Paldiski kam in Sicht. Ich glaubte mich in Cornwall: Eine wunderschöne Cliffküste ließ sich mit dem Fernglas verfolgen. Ich hatte Netz und konnte bei Wikipedia erfahren, dass Paldiski eine Vergangenheit als russisch-sowjetischer Flottenstützppunkt hatte. Hier wurde auch das Personal der Atom-U-Boote an Übungsreaktoren ausgebildet. Die früher schwedisch besiedelten Pakri-Inseln dienten als Jagdbomberzielgebiet. Paldiski war eine verbotene Stadt.
Heute dünn besiedelt und Naturschutzgebiete.  Im Süden zwischen den Inseln müsste ein schöner Ankerplatz sein.

Stunde um Stunde schnurrt der 10PS-Diesel vor sich hin. Immer zur halben Stunde wird heute die Position genommen, dann gelesen, in Törnführer und Seekarte geblättert , ein Powernapping in der warmen Sonne gemacht. Vormittags wird das Segeln probiert. Des Nachmittags eher motort. Ein jeder will abends in seinen Stall sprich in dem Hafen sein.
Der prüfende Blick der Skippers (das bin ich) schweift in die Weite der See, zu den Wolken, auf die Instrumente…. . Und wieder der Griff zum Glas – es ist das Fernglas gemeint-, um die abenteuerlich anmutende  Cliffküste Estlands abzusuchen. Ab und an ein ehemaliger sowjetischer Wachturm , ein Seezeichen oder der ein paar Schiffswracks. Bedrohlich die sich nähernde Cliffküste. Als ob Kanonenscharten ihren Rohre auf vorbeifahrende Schiffe richten. Ein sich schälender Leuchtturm an der Spitze des Kaps.
Bin ich wirklich allein hier ?

Lohusalu

Dann abends im komfortablen  Lohusalu angelegt,  vollgetankt am kommenden  Tagen Wäsche und ein paar Reparaturen gemacht. Gegen 14:15 kam dann Thomas mit Flieger und Bus an.

Wir haben keine halbe Stunde später abgelegt und bei ca. 4 Bf. ca. 17 sm vor dem Wind nach Naissaare Sadam, einem Hafen ca. 7 sm vor Tallin, gelaufen. Diese Insel beheimatete eine Minenfabrik aus sowjetischer Zeit. Viele dieser Relikte und eine Kleinbahn werden von uns besichtigt. Kein Strom. Keine Versorgung. Sind auf uns angewiesen. Haben heute das erste mal den Gasheizer in Betrieb. Aber schön hier.
Von hier geht es dann Freitag in der Früh nach Tallin.  Nochmals richtig Bunkern, Schärenführer für Finnland besorgen und dann vielleicht Sonntag Kurs Helsinki.

In Tallin haben in dem westlich gelegenen Museumshafen festgemacht. Ein wenig Schwell steht in dem großräumigen ehemalig militärisch genutzten Hafenbecken, dafür hat man ein interessantes Mainemuseum vor der Tür und darf recht rustikal auf einem ehemaligen amerikanisch-estnischen Grenzschutz-Eisbrecher in die Dusche und in die Sauna. Netter Hafenmeister und auch finnische Segler legen an.
In der City Arena soll es voll sein. Haben auch erst hier erfahren, dass man durch den Fährhafen per Ampel geleitet wird und man sich nicht von den Verbotsschildern irritieren lassen darf. Das nächste Mal.

Wir waren mittags und abends im Altstadtzentrum der mitteleuropäischen Metropole Tallin. Wahnsinn, wie sich die Stadt seit meinem letzten Besuch on den 90ern entwickelt hat. Mittags waren noch jede Menge Kreuzfahrer in der Stadt. Wie die Waldameisen in einer Ameisenburg.
Beide Male beeindruckte uns eine schick restaurierte Altstadt mit massig Menschen und Finnen sowie einladende Openair-Restaurants mit Türsteherinnen in historischer Kluft.
Haben uns per „Trip Advisor“ für das „Ill Dracon“ entschieden: Essen mit den Fingern wie im Mittelalter: Elchrippe, Salzgurken, Suppe, Bier.

Anschließend im Irish-Pub Fußball gesehen (Manchester – Ajax) und einige Guinness und Whisky getestet. Alles voller alkoholisierter Finnen. Waren dann um Mitternacht zum Boot zurück.


Bereits am Samstag haben genug von der Stadt und sind heute schon richtig Helsinki auf See. Auch wenn die Bedingungen mit wenig O 2-3 nicht so optimal sind. Wird vorläufig auch ohne Schärenführer gehen.

Gewitterwolken auf dem Väinameri

22.05.-24.05.2017
Nach meinem kurzen Segeltag am Montag schnappte  ich mir – nach dem Festmachen in der neuen, in noch keinem Törnführer verzeichneten Marina neben dem Fährhafen von Koivasto – den Rucksack und nahm den nächsten Bus. Ich wollte wenigstens etwas von der Insel Muhu sehen. Auf gut ausgebauter Straße ging es durch eine Mini-Taiga. Birken, Kiefern,  Lärchen im gemächlichen Abstand im zarten Grün. Ich habe das Gefühl, seit 4 Wochen dem Frühling hinterher gefahren zu sein. Jetzt ist er auf und davon; Frühsommer allenthalben?
Der Ort Viira ließ mich nicht zum Aussteigen bewegen, so dass ich ein weiteres Ticket nach Orissaare löste. Ein Ministädtchen mit Eiche auf dem Sportplatz, einem schicken Gymnasium und ein paar Lädchen.

Am Dienstag sollte das estnische Inselmeer „Vänameri“ bezwungen werden.

Das war fast so wie Schärennavigation, so dass ich schon mal kurz die Orientierung verlor.
Endlich auf Kurs mit Groß und Genua beobachtete ich ein Schauerwand, die meinte meinen Kurs queren zu müssen. Ich lief bereits mit halben Wind 6kn und hatte bald darauf weiter abzufallen,  so dass ich bei einer auffrischenden 4 das Groß wegnahm.
Kurz danach ein Donner. Reflexartig spulte ich die „Wetterregeln für Segler“ zum Stichwort Gewitter ab: …freien Seeraum suchen…Position nehmen…nach Väter Sitte navigieren…was essen…Maschine starten…und aufsTöpfchen gehen…
Letzteres machte ich nicht. Geduldig beobachtete ich die offensichtliche Gewitterwand.
Und ich näherte mich dem Rukkiharu-Kanal, einer schmalen Baggerinne. Mit mir eine doch recht großen roten Inselfähre. Die wird doch nicht? Doch! Sie überholte.


Als ich mich wieder auf das Wetter konzentrierte, war die Wand nahezu aufgelöst.
Der Rest war einfach. Unter Motor weiter nach Haapsaalu. Zum Segeln im engen Fahrwasser war mir die Lust vergangen.

Ich bin übrigens nach einem Fazit der ersten 3 Wochen gefragt worden. Meine Antwort:
Jede Stunde ist es wert, auch wenn bisher drei- oder viermal die Frage aufkam: Was in aller Welt mache ich hier eigentlich?
Naja die Kreuz vor Darlowo bei NO4 mit unter 10 Grad,  der Schauer morgens 6:00 auf der Reede vor Klaipeda nach übermüdeter Überfahrt  und die anschließende 2 m Kappelwelle vor den Molenköpfen oder auch der mit Schweinesteaks überfressene Magen beim Ablegen von Koiguste…..

In Haapsaalu fand ich nochmals Kontakt zum Italiener, der 2 Tagen voraus war:
Hallo Cesare
I arrived Haapsaalu today and found your cellphone-number by the reception. We started in Klaipeda 1 Day after you and my friend also left me after Liepaja and Pavilosto in Ventspils.
My last harbours were Kuressaare,  Koiguste, Kuivasto.  The next Konvoi of Danish and German sailors left Liepaja today.
My next friend will arrive me in Lohusalu.
I don’t think, we will catch you
With Greatings Guido Koch

Cesare Magnelli SY Flufuns: Thank you. I am in Tallinn and today fly to Italy. I return 19 of june and then go to Finland.

Anschließend war Sightseeing in Haapsaalu angesagt. Die Ruine der Bischofsburg, der zaristisch anmutende Museumsbahnhof, die vielen Holzvillen des alten Kurbades.

Heute geht es Kurs Osten. Statt eines leuchtend blauen Finnischer Meerbusen erwartet mich bei hellgrün schimmernder See ein tief wolkenverhangenes Grau in Grau mit Nieselregen und 9°C.

Dazu eine lokale magnetische Anomalie nach der nächsten.  Der Pinnenpilot ist praktisch nur als Pinnenpositionshalter zu gebrauchen. Wie hat man hier ohne GPS und Kartenplotter navigiert?